Anzeige

Anzeige

Zum Artikel

Erstellt:
2. Mai 2024, 07:00 Uhr

Landgericht Aurich: Borkumer bekommt Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs

In dem tragischen Fall musste am Ende auch das Opfer selbst noch eine Aussage vor Gericht tätigen. Der Anwalt des Angeklagten sagte, dass das Kind oft Lüge.

Lesedauer: ca. 2min 43sec
Landgericht Aurich: Borkumer bekommt Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs

Aurich Ein inzwischen 80-jähriger Borkumer muss wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes fünf Jahre Freiheitsstrafe im Gefängnis verbüßen. Dieses Urteil fällte die Jugendschutzkammer des Landgerichts Aurich nach umfangreicher Beweisaufnahme, die zum großen Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt wurde.

Er war der nette Mann von nebenan

Der Angeklagte war der Nachbar des Mädchens, das vor der Einschulung mit ihrer Mutter nach Borkum gezogen war. Mutter und Kind fassten schnell Vertrauen zu dem sympathisch wirkenden Senior, der sich als guter Gesprächspartner und immer hilfsbereiter Mensch erwies. Das Vertrauen ging so weit, dass das Kind nach der Schule zu ihm ging, wenn die Mutter noch auf der Arbeit war. Kurz vor Weihnachten 2022 durfte das Mädchen auch bei ihm übernachten, weil die Mutter zu einer Weihnachtsfeier eingeladen war.

Die Mutter bemerkte es sofort

Bei diesen Gelegenheiten, wenn das Mädchen allein mit ihm in seiner Wohnung verweilte, kam es zu mehreren sexuellen Übergriffen. Die Mutter bemerkte ab dem ersten Vorfall im Sommer 2022, dass ihre Tochter nicht mehr so gerne zum Angeklagten ging. Erklären konnte sie sich das nicht. Nach dem letzten Vorfall hatte sie mit ihrer Tochter die Weihnachtstage bei ihrer Familie und dem leiblichen Vater des Kindes verbracht. Bei der Rückkehr nach Borkum war die Ablehnung des Mädchens gegenüber dem Angeklagten, der Mutter und Tochter von der Fähre abholte, unübersehbar. Beim anschließenden gemeinsamen Essen brach es aus dem Mädchen heraus und sie brachte die Vorwürfe gegen den Angeklagten vor.

Der Borkumer wollte sich an diesem Abend das Leben nehmen. Doch die Mutter und eine weitere Nachbarin verschafften sich Zutritt zu seiner Wohnung und informierten Polizei und Rettungsdienst.

Der Verdächtige wollte gestehen, schwieg aber

In dieser Situation hatte sich der Angeklagte geäußert. „Ihre Aussage gegenüber der Mutter und im Krankenhaus war, dass Sie gestehen wollen, um dem Mädchen die Aussage zu ersparen“, erinnerte Richter Bastian Witte den Angeklagten. Denn im Prozess hatte sich der 80-Jährige nicht geäußert. Stattdessen war es sein Verteidiger, der zum Prozessauftakt eine Erklärung abgegeben hatte, die aber nicht als Einlassung des Angeklagten gelten sollte. In dieser Erklärung fand der Anwalt für alle Anschuldigungen Erklärungen. Es wurde zudem behauptet, dass das Mädchen zu Lügen neige, vielleicht beeinflusst es oder andere Taten eines Dritten auf den Angeklagten übertragen habe.

Das Mädchen musste vor Gericht aussagen

All dies wies der Vorsitzende zurück. „Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Angaben in der Verteidiger-Erklärung stimmen“; konstatierte Richter Witte. Zwei Tage nach dem Vorfall kurz vor Weihnachten war das Mädchen von der Polizei vernommen worden und konnte dabei zahlreiche Details schildern. Das Kind musste aufgrund des Schweigens des Borkumers auch vor Gericht aussagen. Dass Erinnerungen aufgrund des Zeitablaufs verblassten, war für das Gericht gerade bei Kindern völlig normal. „Aber das Kerngeschehen hat das Mädchen gut erinnert. Man musste nur ein Stichwort nennen und die Dinge fielen ihr wieder ein und sie konnte sie gut schildern“, sagte der Vorsitzende. An der Glaubwürdigkeit des Kindes zweifelten die Richter nicht.

Hohes Alter bei Strafeberücksichtigt

Bei der Urteilsfindung berücksichtige die Jugendschutzkammer das hohe Alter und die Haftempfindlichkeit des Angeklagten. Vermindert schuldfähig war er deshalb aber nicht. Auch wurde eine einschlägige Vorstrafe nicht berücksichtigt, weil der Strafbefehl vom August 2022 wegen Kindesmissbrauchs noch nicht rechtskräftig war.

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen